Altverträge auf DORA trimmen: Vorgehen, Werkzeuge & Prüfverfahren

Altverträge auf DORA trimmen: Vorgehen, Werkzeuge & Prüfverfahren
Die DORA-Verordnung (EU 2022/2554) betrifft nicht nur neue Verträge – sondern alle bestehenden Vereinbarungen mit IT-Dienstleistern, Cloud-Anbietern und Softwarepartnern. Viele dieser Altverträge sind nicht auf DORA-Konformität geprüft, bergen erhebliche Risiken und fehlen bei Audits in der Dokumentation.
Dieser Beitrag zeigt ein pragmatisches Vorgehen, wie Einkauf und Compliance den Altbestand effizient analysieren, priorisieren und mit wenig Aufwand anpassen können.
1. Warum Altverträge kritisch sind
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Viele Verträge stammen aus der Zeit vor DORA oder wurden nach rein kommerziellen Kriterien verhandelt
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Typische Lücken:
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Keine Meldepflichten für IKT-Vorfälle
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Fehlende Auditrechte
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Keine Exit-Strategien oder BCP-Regelungen
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Unklare Subdienstleisterregelungen
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Konsequenz: Auditrisiken, mögliche Verstöße gegen Artikel 28–30 DORA, fehlende Nachweise bei Aufsichtsanfragen
2. Schnellbewertung: ABC-Analyse zur Priorisierung
Ein bewährtes Mittel zur pragmatischen Einordnung ist die ABC-Klassifikation nach Risiko- und Budgetauswirkung:
Klasse | Kriterien | Beispiel | Maßnahmen |
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A | Kritisch für Betrieb, hohe IT-Abhängigkeit, hohe Kosten | Cloud-Hosting, Rechenzentrum, SOC | Sofort prüfen & neu verhandeln |
B | Mittelwichtig, strategisch relevant, aber begrenzte Reichweite | SaaS-Plattformen, Monitoring-Tools | Vertragsergänzung oder Addendum |
C | Geringes Risiko, geringe Kosten, ohne personenbezogene Daten | Hardwareleasing, Standardtools | Prüfung bei nächster Verlängerung |
Tipp: Integrieren Sie ABC-Klassifizierung in Ihre Vertragsdatenbank (z. B. Excel, Power BI, ServiceNow, Contrakt-Tool).
3. Vertragsprüfung: Ersteinwertung vs. Wiederholung
Ersteinwertung (Initialaufnahme):
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Alle aktiven Verträge mit IT-/Cloud-/SaaS-Anbietern identifizieren
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Felder anlegen:
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Vertragspartner / Vertragstyp / Laufzeit / Budget
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DORA-relevante Klauseln vorhanden? (Ja / Nein / Unklar)
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Risiko-Einstufung A/B/C
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Tools: CMDB, Vertragsdatenbank, Excel + Pivot, GRC-Tools (z. B. Alyne, OneTrust, SAP GRC)
Wiederkehrende Prüfung (jährlich):
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Neue regulatorische Vorgaben prüfen (z. B. RTS, BSI, EBA)
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Prüfen, ob Vertragsbestandteile angepasst werden müssen
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Feedback von Audits einarbeiten (z. B. fehlende Exit-Klausel ergänzen)
4. Umsetzung: Maßnahmen pro Vertragstyp
Vertragstyp | Typische Lücke | Maßnahme |
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Altverträge ohne IT-Sicherheitsanhang | Keine Meldepflicht, keine Resilienztests | DORA-Addendum anfordern |
Softwareverträge mit Hosting im Drittland | Kein Auditrecht, keine Exit-Regel | Prüfung nach DSGVO/DORA, Nachverhandlung oder Exit |
Laufende SaaS-Subscriptions | Keine Klassifikation als kritisch oder nicht | Risikoanalyse nach DORA-Definition, Anpassung im Vertrag |
Praxis-Tipp: Viele Anbieter zeigen sich bei Verlängerungen (Renewals) oder Budgetfreigaben besonders gesprächsbereit.
5. Dokumentation & Kommunikation
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Alle Anpassungen nachvollziehbar dokumentieren (Audit-Trail)
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Kommunikation intern abstimmen (Einkauf, IT, Legal, Compliance)
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Anbieter transparent über regulatorische Anforderungen informieren
Beispiel: Standardtext im Anschreiben
„Im Rahmen unserer regulatorischen Verpflichtungen gem. DORA (EU 2022/2554) sind wir verpflichtet, bestehende Verträge hinsichtlich digitaler Resilienz zu überprüfen. Wir bitten Sie daher um Mitwirkung bei der Anpassung folgender Vertragsbestandteile…“
6. Checkliste: DORA-Fitness bestehender Verträge
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Vertragspartner identifiziert
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Vertrag in Risikoklasse A/B/C eingestuft
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Prüfung auf folgende Klauseln:
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Meldung von Sicherheitsvorfällen (Art. 19 DORA)
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Prüfungsrechte & Audits (Art. 30)
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Exit-Szenarien & Datenrückgabe
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Subdienstleisterregelung
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RTO/RPO & BCP-Maßnahmen
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Addendum oder Neuverhandlung initiiert
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Dokumentation revisionssicher abgelegt
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Wiederholungsprüfung geplant
Fazit: Altverträge sind kein Risiko – wenn man sie systematisch angeht
Viele Unternehmen schrecken vor der Masse an Altverträgen zurück. Doch mit einer pragmatischen Segmentierung, einem strukturierten Prüfprozess und einem schlanken Maßnahmenplan wird aus der Mammutaufgabe ein steuerbarer DORA-Meilenstein.
Wer heute klug priorisiert, spart morgen Audit-Kosten – und schützt das Unternehmen vor unliebsamen Überraschungen.