Generationen im Gespräch

Dieses Gedicht habe ich auf der Autobahn, auf dem Weg nach Hause, nach Feierabend geschrieben, als ich den Anruf erhielt, dass meine Oma verstorben ist.
Dieses Gedicht habe ich auf der Autobahn, auf dem Weg nach Hause, nach Feierabend geschrieben, als ich den Anruf erhielt, dass meine Oma verstorben ist.
Verfasst von
Michael Baron
Letzte Änderung
March 14, 2025
Lesezet
5 min
Kategorie
Portfolio

Generationen im Gespräch

Eben beim Bäcker, diese Person! Ich werd’s Dir sagen,

denn ich weiß alles besser.

Im Laden gab’s duftendes Brot,

welch mieser Service,

Fragt mich doch glatt,

ob das Kind denn Allergien hat.

Ich bin Bananen Esser. Merken soll Sie’s,

das wär’ mal besser.

Wer bist denn Du? So grün hinter den Ohren?

Worte so frech, einfach unverfroren.

Da war es da, das Hämmern auf Asphalt. Als sei es nie vergessen.

In Kopf immer erhallt. Spricht aus mir die Oma, als wäre ich besessen.

Ach, was weißt Du schon? Wer bist denn Du, so voller Hohn. Uns geht es gut. Rede nicht in diesem Ton!

Ach was, im Laden gab’s nichts! Oma ich weiß alles besser, die Zeiten sind hart und die Regale leer. Etwas zu kaufen, ist viel zu schwer.

Hör zu, mein lieber Enkel, es herrscht Friede und kein Krieg. Alles Weitere ist Geplänkel.

Ich will Dir sagen, bleib gespannt. Nicht lang her, fast vor einigen Tagen.

Das Haus an der Ecke, das letzte, das noch stand, der Rest der Straße längst verbrannt.

Die Nazis kamen von rechts, die Russen zur linken. Ein Hämmern an der Tür,

Achtung Kontrolle!

Bild an der Wand gedreht, um den richtigen Führer zu winken.

Einen Bäcker gab es nicht, unter tiefster Angst um Leib und Leben, blickten wir in ein finsteres Gesicht.

Der letzten Vorräte beraubt, alles gegeben.

Oma, wie hast Du’s überlebt? Was hast Du gegessen?

Zum Existieren braucht’s nicht viel. Es zählte bloß der Überlebenswille.

Kam der Hunger, so nagte ich am Besenstiel. Wartend auf die Stille,

versteckt im Keller,

so manches Mal wurden die Stimmen heller,

den Atem gehalten, bis die letzten Schüsse verhalten.

Oma, ich verstehe nicht, wieso solche Taten?

Waren die Menschen noch ganz dicht?

Wieso wurden sie Soldaten?

Es waren die andern,

die Lügner, mit Lohn, Arbeit und Hetze,

säten Zwietracht und spalteten das Volk,

so spannten sie ihre Netze.

Morgen wirst Du’s vielleicht verstehen, wenn wir zum großen Platz an der Bibliothek gehen.

Am nächsten Morgen, die Treppe hinunter,

durch das Tor hinaus,

jubelnde Menschen eilten die Straße runter,

mit viel Applaus.

Wir kamen näher, die Erde bebte,

im Kreis marschierend ein ganzes Heer.

Die Stiefel glänzten,

welch ein Donner auf dem Platz,

als sie zum Steppschritt ansetzten.

Der General fragte mich sodann,

Du willst auch marschieren,

so stell Dich hinten an.

Sei kein Weib, bist doch Soldat, ein richtiger Mann.

Mit Angst im Gesicht, als er von oben herab auf mich brummte,

wollt’ ich schreien, ich bin doch nicht bescheuert, vielleicht wird später auf mich gefeuert.

Doch mit Respekt, ich verstummte.

Die Verhandlung hat begonnen,

Appell an Ruhm und Ehr, hat er nichts gewonnen.

Ich begriff allmählich und freute mich sehr.

Der nächste Versuch, es wurde autoritär.

Ab mit Dir ans Ende, und fang an zu marschieren,

sonst helfe ich nach, und Du fliegst übers Gelände.

Die Hand zur Faust geballt, leise meinen Lippen entwichen,

Ich will das nicht. Innerlich schreiend, Ich bin gegen Gewalt.

Der General überzeugt von sich selbst,

und erfreut über meine aufkommende Wut, spricht er erneut.

Jüngling, hast einen starken Willen, das ist gut, was Dir fehlt, ist vielleicht nur Mut.

Hebst hoch genug die Wade, gibt’s am Ende Schokolade.

Doch ich sagte nein,

und fing an zu wein’n.

Von Zweifel übermannt,

Mit der Frage,

bin ich nun kein Mann? Schnell nach Hause gerannt.

Zu Hause dann im Bette,

lag es doch an meinem Mut? Ach, wie gern ich doch die Schokolade jetzt hätte.

Hörst noch zu, mein Sohn?

Gutes Essen ist wichtig, fehlt’s jedoch an Ton, und mangelt’s an Respekt, wird alles nichtig.

Da lag nun der Sohn, verwirrt und traurig,

sein Herz war schwer, voller Eindrücke so schaurig.

Die Worte der Oma, sie hallten nach,

ein Wirbelsturm aus Zweifel, jeder sich selbst versprach,

Ich bin und bleibe ich.

Entschuldigung, Papa, dass ich über die Verkäuferin so sprach,

für all mein Verhalten und diese Schmach.

Deine Worte, der Oma waren klar und aufrichtig, heute mehr denn je so wichtig.

Es geht nicht um Macht,

um Stärke oder Siege,

sondern um Respekt,

Verständnis und auch Liebe,

die ich täglich gebe und auch kriege.

Die Oma lächelte, strich mir damals übers Haar,

so will ich’s auch machen,

mögest Dich fühlen wie ich geborgen,

einfach wunderbar.

Geh’ Deinen Weg, sei mutig und klug, folge Deinem Herzen, das ist genug.

Bilder: https://www.bytom.pl/aktualnosci/index/Umowa-na-przebudowe-ul.-Pilsudskiego-podpisana.-W-ciagu-trzechlat-powstanie-zbiornik-retencyjny-pod-pl.-Sobieskiego-oraz-przebudowana-bedzie-kanalizacja-deszczowaoraz-drogi-i-chodniki/idn:38557

Quelle: https://polska-org.pl/8157239,foto.html?idEntity=7828933

[2023/März] Original Version

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